Theaterlabor

Schauspieler und Zuschauer

Theater ist eine künstlerische Methode zur Erkundung von gesellschaftlich relevanten Fragen und Themen. Theater steht gleichbedeutend neben der akademischen Analyse und der jorunalistischen Recherche und Bewertung.

Theater ist nur dann frei für Gelingen, wenn es sich von jeder politischen (publikumsbezogenen) und pädagogisch-therapeutischen (spielerbezogenen) Intention und Zweckbindung freimacht.

Bild Loher, Blaubart Hoffnung der Frauen, 2018Zerreißen Sie mein Herz in rücksichtsloser Leidenschaft (Loher, Blaubart-Hoffnung der Frauen, 2018) Marie Fritsche, Tobias Lang
Bild Loher, Blaubart Hoffnung der Frauen, 2018Was soll ich denn damit machen? – Erschießen Sie mich. (Loher, Blaubart-Hoffnung der Frauen, 2018) Charlotte Beilstein, Tobias Lang

Die künstlerischen Bewegungen, die zu wagen sind, die Frage, ob eine Kommunikation mit dem Publikum entsteht, stellen das „offene Geheimnis“ im Sinne der Theatertheorie von Peter Brook dar. Durch Gelingen dieser Kommunikation wird Theater zu einem Forum, einer eigenen Form des gesellschaftlichen Diskurses.

Stückentwicklung oder Stückfindung? Klassische dramatische oder postdramatische und offene Formen? Formen sind kommunikative Mittel für Gespräch und Interaktion mit einem Publikum über Fragen, die uns bewegen. Der Inhalt entwickelt die Form, die er braucht.

  • Was läuft falsch in der Me-Too Debatte? Wir suchen nach einem uneindeutigen, rätselhaften Stück … und entdecken
    Dea Lohers: „Blaubart – Hoffnung der Frauen“
  • Warum gehen wir so gerne ins Kino und träumen unser Leben oft größer als es ist? … und stoßen auf einen Film von Arthur Penn und die historische Geschichte von Bonnie & Clyde. Es entsteht eine Collage zum Thema Mythos und Realität:
    Großes Kino oder die Sehnsucht nach Mehr“
  • Wie behaupten wir uns in Krisenzeiten? Die Corona-Pandemie und die Debatte um Identität und Zugehörigkeit lassen uns suchen: nach historischen und fiktiven Figuren in intimen Momenten der Einsamkeit, des Selbstgesprächs, des Zweifels, des Versuchs der Selbstvergewisserung. Was erzählen sie uns?
    Es entsteht eine Szenencollage: „Kassandras Traum“

Der spielende Mensch lernt „autonom und interdependent zu handeln, und seine Eigenständigkeit wächst mit dem Bewußtsein der Interdependenz.“

(Jakob Jenisch, Ich selbst als ein Anderer. Berlin 1996)

Theater kann auf beste Weise unterhalten, wenn es die Zuschauer berührt. Wie macht der Schauspieler das und was tut seine Arbeit eigentlich für ihn?

Theater – Machen ist keine Zauberei, sondern körperlich und geistig anspruchsvolle Arbeit mit einem erlernbaren handwerklichen Grundcharakter.

Bild Sag beim Abschied, leise: Fuck You!Sag beim Abschied, leise: Fuck You! (2019)

„Es hebt sich der Vorhang über der bildgewordenen Welt des Theaters. Gefangen stehen die Darsteller im Lichtkegel der Scheinwerfer, Königen des Augenblicks gleich, Zeit und Ort vermischend, bringen sie uns Vergessen und Erkennen. Sie tauschen das Gestern und das Heute.

Was geschieht ist ungeheuer. Für Stunden schenken sie uns den Triumph des Lebens über den Tod. Es ihr Triumph. Es ist unser aller Triumph. Seid behutsam mit ihnen. Sie sind gleich Verliebten und Träumern. Sie leben in einer anderen, sie leben in vielen Welten. Seid leise mit ihnen und von Herzen dankbar.“

Theo Otto, Maler, Bühnenbildner (1904 – 1968)

“Ihre Leser haben ein außerordentlich starkes Bedürfnis, imaginäre Kommunikationskanäle mit Ihnen zu eröffnen. Kürzlich habe ich ein Theaterstück gesehen, in dem Ferrante-Leser sich derart in den neapolitanischen Romanen verlieren, dass sie beginnen, sich in die Figuren verwandeln und über eine Transformation zu schreiben – eine Art magische-realistische Fan-Fiktion.“

(Merve Emre im Gespräch mit Elena Ferrante – FAZ 30.01.2019)

Bild Großes Kino, 2019Ich muss mich mit mir selbst befreunden (Großes Kino, 2019) Aisling Hayes, Charlotte Ufer

Schauspieler sind Menschen,

  • die die Kunstform Theater durch eigene Aktivität für sich immer wieder neu entdecken und nutzen.
  • die nicht klüger sind als ihr Publikum, weil sie Antworten auf wichtige Fragen wüßten.
  • die ihre Suche nach Antworten mit den Zuschauern teilen.
Bild Großes Kino, 2019Heute Abend soll etwas geschehen (Großes Kino, 2019) Valentina Schmidt Sierra

Wir schulen kein Kunstverständnis. Künstlerische Praxis ist die Chance, „bei sich zu sein“, Kreativität, alternatives Denken und Eigen-Sinn zu entwickeln.

Bild Szene aus: Loher, Blaubart Hoffnung der Frauen, 2018Szene aus: (Loher, Blaubart-Hoffnung der Frauen, 2018) Aisling Hayes + Ensemble

Die scheinbar so spielerische künstlerische Tätigkeit fordert allerdings von Schauspielern: GENAUIGKEIT – AUSDAUER – DISZIPLINIERTES ÜBEN